Enthüllung des Zusatzschildes am Albert-Tobias-Weg in Zündorf

durch Yvonne Burry geborene Tobias am 16. April 2012

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich freue mich, dass Sie sich die Zeit genommen haben an dieser kleinen Gedenkfeier der Enthüllung des erklärenden Zusatzschildes zum „Albert-Tobias-Weg“ teilzunehmen. Mit diesen Worten begrüßte der Initiator Heinz Steinmetz die Gäste zur Enthüllung des Zusatzschildes am Albert-Tobias-Weg in Porz-Zündorf.


Dass diese Gedenkfeier in dieser Form am heutigen Tag stattfinden kann, hat seine Ursache darin, dass die Enkelin von Albert Tobias mit Ihrem Ehemann auf ihrer Europareise für einige Tage in Köln zu Gast ist und dabei Zündorf, den Wohnort ihrer Vorfahren, besucht.

Liebe Mrs Burry, lieber Mr Burry, ich begrüße Sie sehr herzlich und freue mich darüber, dass Sie, Mrs Burry, sich dafür zur Verfügung gestellt haben, anschließend die Enthüllung dieses Zusatzschildes vorzunehmen.


Enthüllung des ZusatzschildesEnthüllung des Zusatzschildes

Begrüßen möchte ich weiterhin den Geschäftsführer der Synagogen-Gemeinde Köln, Herrn Benzion Wieber und den Kantor Yitzhak Hoenig, vom jüdischen Begegnungszentrum in Porz-Finkenberg die Leiterin, Frau Stella Shcherbatova, und Frau Nora Guretskaya - liebe Stella, liebe Nora, herzlich willkommen.

Ich freue mich, dass von der evangelischen Gemeinde Herr Pfarrer Harald Klimek anwesend ist.

Sehr geehrter Stellvertretender Bezirksbürgermeister Achten, lieber Hartmut,

sehr geehrte Anwohner des Albert-Tobias-Weges,

sehr geehrte Zündorfer Mitbürger,

sehr geehrte Dame und Herren der Kölner und Porzer Presse.

 

In Zündorf gab es in der Zeit von vor 1700 bis 1942 eine blühende jüdische Gemeinde, die im Bereich Porz nachweislich weit über 400 Mitglieder hatte. Trotz dieser Größenordnung und der Bedeutung der Gemeinde gab es bis vor nicht allzu langer Zeit noch wenige Erinnerungspunkte daran, die ich kurz aufzeigen möchte:

 

-    Isacher, genannt von Zündorf, ist der erste namentlich erwähnte Jude aus Zündorf. Er wurde 1708 auf dem Deutzer Judenfriedhof beerdigt.

-    Es gibt das Gebäude im Hinterland an der Hauptstraße 159, das 1882 erbaut wurde, bis 1938 als Synagoge gedient hat und dann verkauft wurde.

-    Weiterhin gibt es am Gartenwegden kleinen jüdischen Friedhof mit 8 Grabfeldern, der von 1925 bis 1938 belegt wurde, unter anderem mit Ludwig Tobias, dem Bruder von Albert Tobias, sowie mit der Urgroßmutter von Mrs Burry, Helene Tobias geborene Sommer, deren Ehemann Moritz 1905 auf dem Deutzer Judenfriedhof beerdigt wurde.

-    Einen weiteren Hinweis auf das Judentum, ohne einen Bezug zum Ort Zündorf zu haben, besteht in einem Glasfenster, das 1962 auf der Südseite der Kirche St. Mariä Geburt eingebaut wurde und das das Bildnis der Philosophin Edith Stein trägt. Sie wurde 1942 im Alter von 50 Jahren wegen ihrer jüdischen Herkunft nach Auschwitz deportiert.

 

Seit einiger Zeit sind inzwischen auch weitere Hinweise auf die jüdische Geschichte Zündorfs erkennbar vorhanden:

-    Im Ort sieht man bei genauerem Hinsehen an verschiedenen Stellen Stolpersteine, die von Gunter Demnig verlegt wurden und an Deportationen erinnern sollen.

-    Seit dem Jahre 2009 hängt im Betraum der Porzer Judengemeinde in Finkenberg eine bebilderte Dauerausstellung über das jüdische Porz, die von mir ausgerichtet werden durfte.

-    Seit dem 09. November 2011, zum 72 Jahrestag der „Reichspogromnacht“, gibt es weiterhin eine im Bürgersteig verlegte Gedenkplakette zur Erinnerung an die ehemalige Zündorfer Synagoge, die unter anderem im Beisein von Herrn Rabbiner Jaron Engelmeyer, Herrn Wieber, Herrn Pfarrer Klimek und vielen Spendern eingeweiht wurde. Herrn Pfarrer Klimek möchte ich auch hier noch einmal für diese, seine Initiative herzlich danken.

-    Und nun dieses Zusatzschild zur Erläuterung des Straßennamens zum „Albert-Tobias-Weg“, das als ein weiteres Merkmal wichtig ist, um die Erinnerungen an diese Zeit wach zu halten.

     Und wir benötigen diese gemeinsamen Erinnerungen an die Schrecken dieser unseligen Zeit, an die Millionen Kriegsopfer und an die Opfer des Rassenwahns – das ist das Mindeste, was wir diesen Menschen schuldig sind. Und auch dass wir durch das Erinnern für eine bessere Zukunft lernen können, im Sinne unseres Grundgesetzes Artikel 1, in dem steht:

Die Würde des Menschen ist unantastbar.

 

Wer war nun Albert Tobias? Ich möchte Ihnen einen kurzen Abriss seiner Biographie, wie sie aus Dokumenten erkennbar ist, aufzeigen:

Seine Eltern, der Handelsmann Moritz Tobias und Helene geborene Sommer, die aus Merzbach bei Meckenheim kam, beide 1843 geboren, heirateten um 1868, wohnten in Niederzündorf und bekamen im Zeitraum von 10 Jahren 5 Kinder: Isaak, Eva, Johanna, Ludwig und Albert, der als letztes ihrer Kinder 1878 geboren wurde. Wie sein Großvater Jakob lernte Albert den Beruf des Metzgers. 1908 heiratete er in Zerf seine Frau Bertha, geborene Herrmann, die aus einer großen Familie mit 10 Geschwistern aus Greimerath stammte. 1910 kam ihr Sohn Kurt in Zündorf zur Welt. Bereits in den Jahren 1913/1914 baute sich die Familie Tobias in Porz, in der Hauptstraße 341, auf der Ecke zur Bennauerstraße, das noch heute bestehende Wohn- und Geschäftshaus und betrieben dort eine eigene Metzgerei.

 

Bei der Bevölkerung war Albert sehr beliebt und auch im Porzer Vereinsleben integriert. So z.B. war er von 1926 bis 1933 der Kommandant der „Schützengilde Porz“. Hierüber gibt es noch ein Foto von ca. 1930, wo er hoch zu Ross am Porzer Rathaus vorbei, einen Festzug anführte. Selbst als er Anfang 1942 von den Nazis in das Auffanglager Siegburg interniert wurde, besuchten ihn zahlreiche Freunde, die es nicht fassen konnten, dass er wie ein Verbrecher behandelt wurde. Alle Versuche ihm zu helfen scheiterten. Er wurde mit seiner Ehefrau Bertha am 15. Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert und ermordet. Die genauen Todesdaten sind nicht bekannt.

Der Sohn Kurt hatte noch 1938 Magdalena Margot Marcus in Siegburg geheiratet. Beide haben es geschafft nach England auszureisen und wanderte später dann nach den USA aus. Ihre Tochter Yvonne Berry geborene Tobias weilt heute unter uns.

 

Unsere heutige Zusammenkunft gilt dem Gedenken an ein Verbrechen, das an Albert Tobias, an seiner Frau Bertha, an seinen Verwandten, an vielen seiner Freunde und Bekannten und an dem deutschen Judentum vor 70 Jahren begangen wurde.

 

Albert Tobias, geb. am 24. Aug. 1878 in Zündorf, Mitglied der Jüdischen

Gemeinde in Zündorf, wurde am 15. Juni 1942 mit seiner Frau Bertha nach

Theresienstadt deportiert und dort ermordet. Sein Todestag ist unbekannt.

 

Dieser Text auf dem Schild soll uns mahnen, dass solche Verbrechen nicht mehr möglich sein dürfen. Dafür müssen wir uns unserer Geschichte stellen und uns fragen, wie es zu solchen Verbrechen kommen konnte, warum wurde weggeschaut, warum wurde geschwiegen. Wir müssen eine Kultur des kritischen Hinsehens entwickeln, die uns hilft falsche Propheten zu erkennen und diesen entgegen zu wirken.

 

Noch kann man Zeitzeugen befragen, doch diese wird es in kurzer Zeit nicht mehr geben. Und deshalb muss dies auch schon früh bei den Kindern in der Schule gelehrt werden, da es um das Geschichtswissen der heutigen Jugend nicht zum Allerbesten bestellt ist. Es darf hierbei